Seit mehr als zwei Wochen bin ich nun in Oudtshoorn in Südafrika und es ist Zeit, von meinen ersten Erfahrungen zu berichten. Dieser und alle folgenden Berichte sind aus meiner Perspektive verfasst, schildern meine subjektiven Eindrücke und sind nur kleine Auszüge aus dem Erlebten.
Nach vielen Abschieden bei Familie und Freunden in den Tagen und Wochen vor meinem Abflug bin ich getragen von unheimlich vielen guten Wünschen in das Abenteuer Südafrika gestartet. Es ist mir mal wieder bewusst geworden, was ich für eine tolle Familie und Freunde habe, die hinter mir stehen, auch wenn nicht jeder verstehen kann, was mich dazu antreibt, ein halbes Jahr „ganz woanders“ zu verbringen. Doch manchmal muss man seinem Herzen folgen und meines führt mich nun nach Südafrika in das Oratorium des Hl. Philipp Neri in Oudtshoorn, um die Priester bei der Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen im Township zu unterstützen.
Es ist mir sehr bewusst, wie privilegiert mein Beruf als Lehrerin ist und was für ein Glück ich habe, dass ich ein Jahr pausieren darf! Ich bin allen sehr dankbar, die das möglich gemacht haben und machen!
Nach einer langen Anreise über Johannesburg bin ich am 16.08. müde, aber froh in George gelandet. Dort wurde ich ganz herzlich von Father Leon und Jana begrüßt. Father Leon ist der Direktor des Oratoriums und Jana ist nun schon fast 7 Monate als Freiwillige im Projekt und ich habe mich sehr gefreut, die beiden endlich kennenzulernen! Auf dem Weg nach Oudtshoorn konnte ich bereits über die wunderschöne und vielseitige Landschaft staunen! Südafrikas Natur ist wirklich einzigartig!
Im Oratorium angekommen, wurde ich von vielen fröhlichen Gesichtern in Empfang genommen. Father Leon stellte mich Auntie Maud vor, mit der ich nun das nächste halbe Jahr das Zuhause teilen werde und die mir direkt einen Teil des Geländes gezeigt hat.
Viel Zeit zum Ausruhen blieb danach nicht, denn es wurde eine kleine Willkommensfeier für mich vorbereitet. Bei einem südafrikanischen „Braai“ habe ich schon viele der Priester, Mitarbeiter/innen und Jugendlichen kennenlernen dürfen. So viele Gesichter, so viele Namen, so viele Eindrücke… Ich war überwältigt und sehr dankbar für so einen liebenswerten Empfang und die Freude über meine Ankunft, die mir entgegengebracht wurde!
Die folgenden beiden Tage lernte ich zahlreiche weitere Menschen (und Hunde – es gibt bei den Oratorianern mehr Hunde als Menschen), die täglichen Abläufe, den großen Garten, genauso wie meinen Einsatzort das St. Luigi Center kennen und versuchte bestmöglich mit anzupacken. Jana war nicht nur dabei eine große Hilfe für mich, wofür ich ihr sehr dankbar bin!!! Die Kinder sind so herzlich und neugierig! Ich freue mich auf die Arbeit mit ihnen!
An meinem ersten Samstag in Südafrika durfte ich Father Dennis und Auntie Maud zu einem diözesanen Treffen zum Thema „Caritas“ begleiten. Schwester Maria aus Johannesburg ist extra angereist, um als Südafrika-Beauftragte der Caritas international von den Strukturen und Aufgaben der Caritas zu erzählen und Fragen zu beantworten. Auch den Bischof von Oudtshoorn durfte ich bei diesem Treffen kennenlernen. Caritas ist in Deutschland seit Jahrzehnten eine feste Institution. In Südafrika steckt diese organisierte Form der Nächstenliebe noch in den Kinderschuhen. Es war sehr interessant Ideen und Sorgen der Anwesenden zu verfolgen und zu sehen, dass man sich gemeinsam mit den Menschen in den Gemeinden auf den Weg machen möchte, Caritas bewusst zu leben. Es ist auch großartig, wie viel in den Gemeinden bereits gemacht wird, um den Armen und Bedürftigen zu helfen. Nach diesem eindrucksvollen Treffen hat Father Dennis uns (Maud, Schwester Maria und mich) auf einer Rundfahrt die Stadt Oudtshoorn gezeigt, die viel Geschichtliches aufwarten kann und wir haben den Tag in toller Natur-Kulisse bei einer Tasse Tee und Kuchen ausklingen lassen.
Am Sonntag strömen die Priester aus, um in den Gemeinden Heilige Messe zu feiern. Auch ich gehe mit in die Kirche in den sonntäglichen Gottesdienst. Auch wenn die Sprache Afrikaans ist, kann ich dennoch gut folgen, da die Abläufe der Liturgie nahezu dieselben wie in Deutschland sind. Und da Afrikaans dem Plattdeutschen recht nah ist, kann ich sogar das ein oder andere Wort verstehen. Doch im Afrikaans-Lernen bin ich noch ganz am Anfang und versuche täglich dazu zu lernen. Der Kontakt mit den Kindern hilft dabei sehr!
Die erste volle Woche im St. Luigi Center war sehr erlebnisreich für mich, da ich mich vor allem mit den Abläufen, Strukturen und Aufgaben vertraut machen musste und zahlreiche neue Eindrücke auf mich warteten. Aber alle sind sehr hilfsbereit, offen und vor allem die dankbaren und oft strahlenden Kinderaugen machen die Arbeit lohnenswert und wertvoll!
Nicht immer sind alle Erfahrungen einfach zu verarbeiten, vor allem wenn man von den Hintergründen einzelner Kinder erfährt oder auch die Erwachsenen sieht, die sich täglich in der Suppenküche, die Father Leon mit viel Liebe betreibt, eine Mahlzeit abholen. Eine eindrückliche und erschütternde Erfahrung war eine Fahrt durch das Township mit Father Leon. Ich wusste vorab zwar in etwa, was da auf mich zukommt, aber „live“ ist es doch nochmal eine andere Sache. Die Armut ist hier wirklich allgegenwärtig und ein ständiger Begleiter. Mit großer Armut geht leider auch eine hohe Kriminalität einher, die durch Alkoholismus und Drogenkonsum befeuert wird. Diese Eindrücke sind aber einen eigenen Bericht wert.
Umso mehr staune ich immer wieder und bin davon begeistert, wie sich die Priester und alle anderen Mitwirkenden für die Bedürftigen einsetzen und alles tun, um die Not zu lindern. Es ist hier wirklich eine kleine Oase inmitten der großen Wüste, wenn man es als Bild ausdrücken möchte.
Am Ende der vergangenen Woche haben wir mit Father Mark, der das St. Luigi Center leitet, und mit einigen Mitarbeitenden des Huis Luigi einen Teamausflug gemacht. Wir sind durch die Swartberge gefahren, haben einen wunderschönen Wasserfall besucht und im beschaulichen Ort Prince Albert Mittag gegessen. Ein toller Ausflug, der viel von Südafrikas Schönheit offenbart hat und mir auch die Möglichkeit gab, die Menschen unseres Teams besser kennenzulernen!
Zudem konnten wir schon einen Hauch vom beginnenden Frühling erhaschen. Dieser bringt langsam aber sicher viele tolle Farben mit sich, da die ersten Blumen anfangen zu blühen. Jeden Tag werden es mehr und alles strahlt in frischem Grün. Der Winter hat viel Regen gebracht und war der kälteste seit Jahren. Es bleibt zu hoffen, dass es genug Regen war, um die heißen Sommermonate gut zu überstehen. Jetzt freue ich mich aber erst einmal auf den Frühling, der wärmere Temperaturen bringt! Es war die letzten Tage ziemlich kalt hier, Winter eben.
Leider mussten wir uns diese Woche von der lieben Jana verabschieden, die nun zurück nach Deutschland fliegt. Es ist großartig, was Jana in den vergangenen sieben Monaten ihrer Freiwilligenarbeit geleistet hat! Dank ihrer Crowdfunding-Kampagne kann nun beispielsweise endlich das undichte Dach des Haus Luigi repariert werden. Wir werden sie hier alle sehr vermissen!!! „Baie dankie, Jana!“
Es ließe sich schon jetzt noch so viel mehr erzählen, aber das soll für einen ersten, kleinen Eindruck zunächst ausreichen.
Mein erstes Fazit: Hier wurde und wird seit 2006 ein großartiger Ort geschaffen, in dem sehr viel Arbeit, noch mehr Liebe und absolutes Gottvertrauen stecken! Ich freue mich darauf und bin sehr dankbar, in den nächsten Monaten ein Teil dieser Gemeinschaft zu sein und mich mit den Priestern und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Menschen vor Ort einzusetzen!
Und ich fühle mich hier sicher aufgehoben!
Der nächste Bericht folgt ganz bald…
„Totsiens!“