Bericht von Pater Leon Mostert, CO, Präpositus des Oratoriums des hl. Philipp Neri in Oudtshoorn und Direktor des St. Luigi Scrosoppi Care Center

Liebe Freunde, Mitglieder und Spender von FOPOS!

In dieser Woche kündigte unser Staatspräsident an, dass Südafrika ab dem kommenden Montag zur Stufe 1 der Pandemieabwehr übergehen wird. Das bedeutet, dass die meisten Dinge (unter bestimmten Einschränkungen und Restriktionen) wieder zur Normalität zurückkehren werden. Wir warten auf die Bestätigung durch das Sozialministerium, damit wir unser Zentrum am 1. November wiedereröffnen können. Die Schulen sind geöffnet, aber viele Kinder gehen nicht mehr zur Schule, die Unterbrechung ist zu groß gewesen. Unser neuer Kandidat, James, ist ein qualifizierter Lehrer, und er und Br. Mark haben für die vielen jungen Menschen, die nicht mehr zur Schule gegangen sind, mit Alphabetisierungs- und Rechnen-Abendkursen im Huis Filip begonnen. Lassen Sie mich versuchen, Ihnen zu erklären, welche Erfahrungen ich persönlich in den letzten Monaten während der Pandemie gemacht habe, und zwar im Hinblick darauf, wie wir Familien helfen.

Erstens ist es wichtig zu verstehen, dass Familie im europäischen Sinne, d.h. dass Vater und Mutter und ihre Kinder in einem Haus leben, für die meisten Menschen im Township nicht wirklich existiert. Hier gibt es Haushalte bestehend aus vielen Personen, die auf dem gleichen Grundstück leben. Gewöhnlich handelt es sich um ein kleines Backsteinhaus und eine Reihe von Hütten, die es umgeben. Die überwiegende Mehrheit der Kinder lebt nicht mit ihren leiblichen Eltern zusammen. Viele Menschen sind nicht verheiratet, und selbst diejenigen, die verheiratet sind, haben oft Kinder mit anderen Partnern. Ein Haushalt besteht also aus einem oder zwei Großeltern, in der Regel eine Großmutter (in vielen Fällen sind der Großvater oder die Väter der Kinder im Gefängnis), mit verschiedenen Enkelkindern (in vielen Fällen sind die erwachsenen Kinder in eine der großen Städte wie Kapstadt oder Port Elizabeth gezogen, um Arbeit zu suchen). Die jungen Erwachsenen im Haushalt sind oft in kriminelle Aktivitäten verwickelt, und besonders die jungen Männer fühlen sich zu den Banden hingezogen, die ihnen ein Einkommen und Sicherheit bieten. Die Großmutter ist vielleicht allein oder wird von einigen anderen älteren Familienmitgliedern, Tanten oder Cousins unterstützt, von denen viele ernsthafte Alkoholprobleme haben. Vor allem gibt es sehr viele Kinder, die ernährt werden müssen. Teenagerschwangerschaften sind die Norm und für einige ist es eine Einkommensquelle, da die Regierung ein Kindergeld zahlt. Häufig sind die Kinderzuschüsse und die staatliche Altersrente der Großmutter die einzigen Einkommensquellen des Haushalts. Auf dem Grundstück können sich bis zu zwanzig Personen aufhalten.

Lebensmittel sind immer knapp, und in den Haushalten wird viel gezankt und gestritten (vor allem, wenn es um Alkohol- und Drogenmissbrauch geht). Schon vor der Abriegelung und der Pandemie kämpfte Oudtshoorn gegen die hohe Arbeitslosigkeit aufgrund der langanhaltenden Dürre und dem Niedergang der hiesigen Straußenindustrie. Zahlreiche Menschen im Township lebten bereits vor Corona knapp über oder unter der Armutsgrenze. Obwohl die Schulgebühren in den Township-Schulen niedrig sind, müssen die Kinder Uniformen tragen, sich Stifte und Schreibzeug selbst kaufen und für die vielen anderen Schulaktivitäten (Besuch von Sportwettkämpfen und Teilnahme an Ausflügen usw.) aufkommen. Als Corona und das Ausgangverbot begann, schlossen viele Unternehmen ihre Türen, und plötzlich waren viel mehr Menschen arbeitslos. Fünf Monate lang verbot die Regierung auch den Verkauf von Zigaretten und Alkohol, und dies führte zu einem Aufschwung krimineller Aktivitäten, da die Banden diese Geschäfte auf dem Schwarzmarkt übernahmen. Plötzlich waren die Kinder den ganzen Tag zu Hause und mussten ernährt werden (vorher bekamen die Kinder in einigen Schulen Frühstück und viele kamen nachmittags zu uns zum Essen). Der Alkohol- und Drogenkonsum ging nicht wie von der Regierung erhofft zurück, sondern nahm sogar drastisch zu (Leute, die früher Zigaretten rauchten, nehmen nun harte Drogen).

Unsere oberste Priorität in den letzten Monaten war es, dafür zu sorgen, dass die Kinder und ihre Familien genug zu essen haben, und deshalb haben wir mitten in der Abriegelung weiterhin tägliche Mahlzeiten (oft unter großen Schwierigkeiten) bereitgestellt, da wir die Lebensmittel bei den Menschen zu Hause abliefern mussten. Weil so vieleMenschen kein Gehalt erhielten und die ohnehin schon knappen Budgets über die Kapazitäten hinaus ausgelastet waren, konnten es sich viele Menschen nicht leisten, ihre Wasser- und Stromrechnungen zu bezahlen. Auch hier haben wir versucht, so weit wie möglich zu helfen, indem wir die Rechnungen zahlreicher Haushalte bezahlten, damit diese vor allem in den kalten Wintermonaten Zugang zu Strom und Wasser hatten. Jetzt, wo die Schulen wieder geöffnet sind, haben inzwischen so viele Kinder ihre Schuluniformen und Schulschuhe verschlissen oder verpfändet, damit ihre Familien in den letzten Monaten über die Runden kommen konnten. Deshalb sind wir jetzt damit beschäftigt, Schuluniformen und Schuhe für zahlreiche Kinder zu kaufen. Jeden Tag stehen viele Menschen an unserem Eingangstor und bitten um Hilfe, und während der Zeit der Abriegelung hat sich diese Zahl noch erhöht.

Obwohl es manchmal wie ein Tropfen auf den heißen Stein erscheint und sich auch so anfühlt, wären ohne unsere kontinuierliche Hilfe Monat für Monat viele Kinder und Jugendliche hungrig geblieben, und viele Haushalte hätten am Ende ohneWasser oder Strom dastehen müssen. Während des kalten Winters haben wir auch Decken und warme Kleidung zur Verfügung gestellt. Menschen ohne Telefon kommen und benutzen unser Telefon, Menschen ohne Zugang zu Computern kommen und benutzen unsere Computer. Menschen, die zu alt oder kränklich sind, um in die beiden Zentren zu gehen, um ihre Altersrente abzuholen, transportieren wir. Menschen, die nicht lesen und schreiben können, kommen zu uns, und wir helfen ihnen, Regierungsmitteilungen oder Konten zu verstehen, die sie nicht entziffern können. Menschen, die sich bei den skrupellosen Kredithaien verschuldet haben, die Analphabeten und Ungebildeten nachstellen, kommen zu uns und bitten um Hilfe. Auf vielfältigsteWeise bieten wir täglich zahlreichen Menschen einen Service und Hilfe an. Wann immer wir von Stellenausschreibungen hören, informieren wir unsere arbeitslosen jungen Erwachsenen und fahren sie zu den Vorstellungsgesprächen. Wir helfen ihnen bei der Zusammenstellung ihres Lebenslaufs und versorgen sie mit der richtigen Kleidung, damit sie einen guten Eindruck hinterlassen.

Abgesehen von all diesen materiellen Belangen sind wir auch auf pastoraler und spiritueller Ebene sehr stark in ihr Leben eingebunden. Es gibt viele Beziehungsprobleme, Gewalt und Missbrauch in den Familien. Eine der großen Herausforderungen in Oudtshoorn ist die Tatsache, dass das nächste Drogenrehabilitationszentrum in Kapstadt liegt und es dort eine lange Warteliste gibt. Viele Menschen wollen ihre Drogensucht überwinden, bekommen aber keine richtige Hilfe. Die Menschen kommen rund um die Uhr zu uns, oft gibt es mitten in der Nacht auf der Strasse einen drogenbedingten Straßenkampf und jemand blutet oder ist schwer verletzt, dann bringen wir ihn ins Krankenhaus. Oft müssen wir zu beliebiger Stunde in einWohnhaus gehen, um einen Mann daran zu hindern, seine Frau oder seine Kinder zu schlagen. Besonders in den ersten Monaten der Abriegelung, als die Menschen nicht auf die Straße gelassen wurden, hatten wir viele Notrufe, da die zahlreichen Menschen, die in einem sehr engen Umfeld lebten, viel Unmut und andere Probleme verursachten.

Und die Arbeitsplätze sind nach der Abriegelung jetzt noch knapper geworden. Die Regierung sieht sich mit vielen Problemen konfrontiert, für die es keine staatlichen Gelder oder Hilfen gibt. Südafrika befindet sich in einer sehr schwerwiegenden Rezession. Dank FOPOS sind wir in der Lage, eine Flamme der Hoffnung in einer zunehmend rauer werdenden Umgebung am Brennen zu erhalten.
Bitte richten Sie allen, die mit FOPOS zusammenarbeiten, unsere herzlichsten Grüsse und unseren tiefsten Dank aus.

Herzliche Grüße in Christus
Pater Leon Mostert CO